Clavigo
Der Übergang vom Leben zum Tod
-DAS STERBEN-
Der Tod interessiert mich nicht, er liegt außerhalb dessen, was ich mir vorstellen kann und will.
Entweder er ist ein Nichts oder er ist ein Anderes. Für den Fall, dass der Tod nicht ein Nichts, sondern ein Anderes, also ein wie auch immer geartetes neuerliches Sein ist, dann lasse ich mich gerne überraschen. Weitaus mehr als der Tod interessiert mich das Leben und im besonderen der Übergang vom Leben zum Tod, nämlich das Sterben. Das Sterben ist ein Teil des Lebens, es ist sein letztes unausweichliches Kapitel und es endet mit dem Eintreten des Todes. In meiner Vorstellung ist das Sterben der ekstatische Höhepunkt des Lebens, eine Art finaler Orgasmus, ein sich Verströmen, Auflösen und Verlieren in einen unendlichen Raum. Allerdings rechne ich nicht damit, dass dieser finale Orgasmus, seiner Natur folgend, ein sich selbst steuerndes, lustvolles und erfüllendes Ereignis sein muss. Da mein Sterben Teil meines Lebens sein wird, wird es wie an jeder anderen Stelle des Lebens auch hier darauf ankommen, was ich selbst daraus mache. Es lohnt sich also, sich bei Zeiten auf diese Situation vorzubereiten und zu lernen, mit dem Sterben umzugehen, um das Unausweichliche mitzugestalten.
Mein Grabstein, an dem ich seit Beginn unseres Projektes arbeite, stellt die Situation des Übergangs dar. Ich versuche darin, mein eigenes zukünftiges Sterbens, in einer figürlichen Darstellung zu zeigen. Die 170 cm hohe Skulptur in Carrara Marmor beinhaltet die beiden Aspekte: Unausweichliches, gewaltsames Verschlungen-Werden und spielerisch gestaltende Bewusstheit.
Der ausgezehrte Leib taucht in Form eines Kopfsprungs in die Erde und sein eigenes Grab ein, während überraschenderweise der Kopf zu oberst wieder erscheint und von den Füßen in der Art einer artistischen Jonglage kunstfertig hochgehalten und bewegt wird. Dem passiven Verschlungen-Werden steht also eine bewusste, durchaus humorige Mitgestaltung der Situation gegenüber. Diese nimmt dem Sterben seine dramatische Schärfe und Schwere und das vollständige Ausgeliefertsein darin, ohne das Ergebnis, den Tod verhindern zu können.
Die Steinarbeit rückte in den vergangenen fünf Jahren bei meiner gestaltungstherapeutischen Arbeit immer weiter in den Mittelpunkt und bildet mittlerweile in nahezu allen Selbsterfahrungsprozessen, die ich begleite, eine Art essentiellen Strang, um den herum sich das übrige gestalterische und das gruppendynamische Geschehen rankt.